17.6.2017: Etappe 5.1.: Von Blankenheim nach Dahlem/Eifel, ca. 15 km
Heute habe ich vor, von Blankenheim bis Kronenburg/Eifel zu wandern. Meinen Wecker habe ich dieses Mal auf 5 Uhr gestellt, da meine Anfahrtswege nun doch immer länger werden. Bald werde ich das so nicht mehr machen können, sondern Übernachtungen mit einplanen müssen. Sonst artet die Pilgerei in Stress aus. Und das soll sie nicht.
Wie üblich brauche ich eine Weile, um in den Tag zu finden. Schließlich fahre ich los. Dieses Mal auch nicht über die Lande - das würde zu lange dauern -, sondern über die A3 und ihren Zubringer Richtung Bonn. Von dort die A555 bis Abfahrt Brühl, dann die A1 Richtung Trier. Als ich an der Ausfahrt Blankenheim abfahre, bin ich bald eine Stunde unterwegs. Es folgt noch eine kleine Überlandfahrt, bis ich dann mein Auto an dem mir ja schon hinreichend bekannten Bahnhof "Blankenheim/Wald" parke. Dieses Mal will ich nach der Rückfahrt mit der Bahn - so geplant, - nicht noch stundenlang von diesem "berüchtigten" Bahnhof Richtung Blankenheim unterwegs sein. Das hatten wir ja alles schon.
Da ich meine Tour nicht wieder um geschätzte 10 km verlängern möchte, nehme ich heute den Taxibus ab Bahnhof nach Blankenheim/Stadt (oh ja, ich bin auch überrascht, es fährt dieses Mal sogar eines!!!). Von dort starte ich meine heutige Etappe.
Ich gehe meinen Weg weiter.
Dieses Mal in feinem Nieselregen, bei dem man nicht so genau weiß, ob man die Regenjacke wirklich anziehen soll. Bei dem man nass wird, ohne dass man es so richtig merkt.
Nachdem ich im Ort ein bisschen suchen muss, wo es wirklich weitergeht, finde ich schließlich meinen Weg, der mich, so meine ich zu diesem Zeitpunkt noch, nach Kronenburg bringen soll.
Einige Meter später, reibe ich mir verwundert meine noch müden Augen. Schließe sie, öffne sie, nein, das Bild ist dasselbe. Vor mir steht ein Kamel. Quasi wie Phoenix aus der Asche. Eigentlich steht es nicht vor, sondern neben mir auf einer Wiese. Es frisst gemütlich und scheint sich nicht an dem Nieselregen zu stören, an mir offensichtlich auch nicht. Vielleicht denkt es, ich wäre eines seiner Art. Sieht vielleicht ein bisschen anders aus, fühlt sich aber manchmal wie eines. Andererseits, wer weiß schon, wie sich Kamele fühlen. Das ist wiederum rein menschliche Interpretation. Aber lassen wir diese tiefsinnigen Überlegungen. Was mich umtreibt, ist eher die Frage, ist es ein Kamel, oder ein Trampeltier. Ich glaube, Trampeltier ist der übergeordnete Begriff, oder? Übrigens ist da auch noch ein zweites, oder, wenn ich mich mit einbeziehe, sogar ein drittes. Das habe ich jetzt nicht auch noch fotografiert. Sieht aus wie dieses hier. Und ein Gruppenfoto geht auch nicht, denn sie stehen zu weit auseinander. Diese Kamele sind nicht ganz so porträtfreudig wie die Kühe auf meiner vorletzten Tour.
Mein Weg führt mich durch den Wald bis nach Nonnenbach, wo ich erst einmal ein ganzes Stück die Straße entlanglaufen muss, natürlich bergauf. Ich merke, heute hat der Wanderelan mich nicht so in seinen Klauen wie auf den bisherigen Etappen. Aber Durchhänger sind erlaubt. Vielleicht kommt es heute einfach einmal darauf an, sich trotz mangelnder Begeisterung durchzubeißen. Nicht direkt aufgeben. Fast wie im "richtigen" (?) Leben. Ist da oft genug auch so.
Also latsche ich durch Nonnenbach, es geht immer weiter bergauf . Ich finde die kleine Kapelle im Ort sehr hübsch. Leider ist sie, wie so viele andere, wieder einmal verschlossen. Auf die Art und Weise stelle ich es mir schwierig vor, das Christsein, bzw. das Christentum in die "Welt" hinauszutragen. Na ja, ist nur die bescheidene Meinung eines kleinen Schafes in der großen "Herde".
Am Ende des Ortes stelle ich fest, dass der Nieselregen aufgehört hat
Ich steuere auf eine Bank zu, um mich der lästigen Regenjacke zu entledigen. Setze mich einen Augenblick. Ja, ja, ich brauche immer wieder einmal eine Pause. Es gibt da einen schönen Spruch von Jobst Quis, der da lautet:
"Mach mal ruhig Pause, die Welt kommt auch ohne uns nicht zurecht."
Ich finde diesen Spruch richtig gut. Der Mann hat Humor. Das gefällt mir. Außerdem soll man nicht immer glauben, dass ohne einen selbst die ganze Welt zusammenbricht. Es geht genauso schlecht oder recht weiter.
Zwei sehr sympathisch aussehende Männer, ähnlich bepackt wie ich, "kreuzen" meine Bank, grüßen, grinsen, gehen weiter. Ich glaube, wir haben uns eben auch schon einmal gesehen. Von weitem. Es ist auch nicht die letzte Begegnung, wie ich noch feststellen werde.
Mein Weg führt mich jetzt längere Zeit durch ein Waldgebiet, wie man auch oben unschwer erkennen kann. Was mir übrigens immer wieder auffällt, bei den vorherigen Etappen, wie auch bei dieser, ist, dass es in dieser Region sehr sehr viel Fingerhut gibt.
Irgendwann endet der Wald, ich gelange an eine Straße, die ich überqueren muss, mitten hinein in einen größeren Pulk von Motorradfahrern, die genau an der Weggabelung eine Pause machen, in die ich einbiegen muss. Als ich sie erreiche, teilen sich die "Menschenmassen", so dass ich problemlos meinen Weg weitergehen kann. So ähnlich müssen sich damals die Israeliten gefühlt haben, als sich das Rote Meer geteilt hat. Gut, gut, ich übertreibe jetzt vielleicht ein kleines bisschen, aber so ähnlich war´s.
Kurz darauf überquere ich eine kleine Brücke, gelange dann auf offenes Wiesengebiet. Als ich durch die Wiesen laufe, kommt ein bisschen Wind auf. Ein selten gewordenes Gefühl, das dem von Glück sehr nahe kommt, durchströmt mich.
Mit diesem schönen Gefühl im Bauch erreiche ich das nächste Dorf Ahrmühle.
Diesen kleinen Weiler durchlaufe ich mit wenigen Schritten, und weiter geht es den Berg hinauf, jetzt immer an der Straße entlang, Richtung Waldorf. Die Straße zieht sich ein wenig. Ich bin froh, dass heute kein Sonnentag ist. Sonst würde ich hier in der Sonne verbrutzeln, und ich hätte wahrscheinlich sehr schlechte Laune.
Als ich an den auf den unteren Bildern auch zu sehenden Getreidefeldern vorbeikomme, bin ich sofort fasziniert. Assoziationen spuken in meinem Hirn, vielleicht demnächst wieder ein neuer Text in meinem wolkenkrazzer.blogspot.com.
Nach meinem Getreidefeld-Intermezzo gelange ich kurze Zeit später an die Kirche von Waldorf. Doch, was soll ich sagen, sie ist auch verschlossen. Ich zitiere aus meinem Buch "Jakobswege", S. 111/nähere Angaben zu diesem Buch auf meiner Profilseite.
"... liegt die St. Dionysius-Kapelle auf der Bergkuppe von Waldorf. Das Innere des spätgotischen Saalbaus überrascht mit einer reichen Barockausstattung von drei Altären...." Wer mehr darüber erfahren will:
St. Dionysius-Kapelle, Waldorf.
Als ich wieder einmal vor der verschlossenen Kirche stehe, sehe ich die beiden sympathischen Wanderer von heute vormittag. Sie sitzen auf einem kleinen Platz vor der Kirche, haben offensichtlich eine Pause eingelegt. Wir grüßen uns ein zweites Mal, grinsen uns an, und ich gehe weiter meiner Wege, nicht ahnend, dass ich die beiden wieder treffen werde. Allerdings nicht mehr auf dieser Etappe.
Der Weg führt mich weiter stetig bergauf, bis ich die Hügelkuppe erreicht habe. Hier oben weht ein ziemlich kräftiger Wind. Der Blick auf die Umgebung lohnt sich. Vor mir erstreckt sich ein weiter Teil der Eifel.
Als der Wind droht, mich umzupusten, gehe ich weiter. Es geht noch eine Weile auf der Kuppe entlang. Der Weg ist teilweise geschützt durch eine hohe Hecke, die wohl als Windschutz dienen soll. Mein kleiner Begleiter, der natürlich auch heute mit von der Partie ist, hat sich fürs erste mit ein paar Flötentönen von mir verabschiedet. Ihm scheint es zu stürmisch zu sein.
Nach einiger Zeit löst wieder Wald das freie Gelände ab.
Und es dauert nicht mehr lang, bis ich den sogenannten Vierherrenstein erreiche. Dieser Basaltstein ist 500 Jahre alt und ...
"markiert den Vierländerpunkt der Herrschaften Jünkerath, Kronenburg, Schmidtheim und Blankenheim. Auf drei Seiten sind die Wappen und Anfangsbuchstaben der Hoheitsgebiete mit Ausnahme von Blankenheim dargestellt..." Aus: "Jakobswege, S. 111/nähere Angaben zum Buch auf meiner Profilseite.
Wer sich für Geschichte interessiert, sollte obigen Link anklicken, denn hier durch den Dahlemer Wald führte auch einmal die Römerstraße, die sogenannte Agrippastraße, von Köln nach Trier.
Jetzt ist es nicht mehr so weit bis Dahlem. Nachdem ich noch einmal ein längeres Stück durch den Wald gewandert bin, erreiche ich wieder freies Gelände, und ab diesem Zeitpunkt geht es nur noch abwärts. Mittlerweile bin ich fest entschlossen, nicht mehr weiter bis Kronenburg zu wandern. Mich drängt ja keiner. Ich habe übrigens in diesem letzten Waldstück eine Blume gefunden, von der ich vermute, dass es ein weißes Knabenkraut ist. Mein kleiner Freund, der wieder aufgetaucht ist, zilpzalpt ein bestätigendes Ja. Er scheint ziemlich intelligent zu sein. Knabenkräuter gibt es in der Eifel immer wieder. Sie gehören zur Familie der Orchideengewächse. Ich finde die Etymologie des Wortes "Knabenkraut" sehr interessant! Später zu Hause wird ein Blick ins Internet (in meinem schlauen Pflanzenbuch habe ich es nicht gefunden) meine Vermutung bestätigen. Dass es ein weißes Knabenkraut ist, meine ich.
Bald kann ich Dahlem von oben betrachten. Ein kleiner Ort in einer Talmulde gelegen. Ich habe gelesen, dass sich der Ortsname wahrscheinlich von Talheim ableitet. Das ist angesichts der Lage nicht verwunderlich. Außerdem hat dieser Ort einen Bahnhof, was mir auch noch einmal auf meinen nächsten Wanderungen dienlich sein wird. Dahlem ist so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt dieser und der beiden kommenden Wanderetappen.
Um in den Ort zu gelangen, muss ich die Bahngleise überqueren - und weiß damit schon einmal, wo nachher der Zug abfährt. Bis zur Kirche ist es jetzt auch nicht mehr weit. Es ist eine, wie ich finde, recht hübsche Kirche, St. Hieronymus heißt sie. Ich setze mich, wie immer noch ein bisschen in eine der Kirchenbänke und lasse die Atmosphäre der Kirche auf mich wirken. Ein schöner Abschluss einer Wanderetappe. Wie das bisher meistens in den anderen Kirchen der Fall war, bin ich auch hier die einzige Besucherin.
Nach meinem Kirchenbesuch kehre ich zurück zur Bahnhaltestelle. Die Züge fahren auf dieser Strecke immer im Stundentakt. Sogar auch am Abend noch.
Als ich endlich im Zug sitze, resümiere ich , wie immer über den Tag:
- Die Wanderung war schön, trotz meiner Stimmungsschwankungen.
- Auch heute keine Fleischbällchen, ich bleibe vorerst bei den Joggingschuhen.
- Ich merke, wie sich durch das regelmäßige Wandern etwas langsam, aber beständig in mir zu verändern beginnt. Etwas mehr Abstand zu dem, was mich seit längerem traurig macht. Jemand hat mich gefragt, ob das Wandern da nicht eher eine Flucht sein könne. Das ist es definitiv nicht. Man nimmt seine Sorgen mit auf den Weg. Bei mir ist das jedenfalls so. Aber der Blickwinkel darauf ändert sich. Und das ist gut so, weil man nicht mehr nur focussiert auf sich und die eigenen Probleme ist. Man entdeckt nicht nur Natur und Kultur, sondern auch sich neu, und damit in sich neue Möglichkeiten.
- Vielleicht nächstes Wochenende schon werde ich von Dahlem nach Kronenburg wandern. Meine Wanderlust ist ungebrochen. Im Gegenteil, ich fange an, andere Freizeitaktivitäten immer mehr um meine Wanderetappen herum zu bauen.
Mittlerweile hat der Zug Blankenheim/Wald erreicht. Ich steige aus, steige um in mein Auto. Bis bald.
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