3.8.2017: Meine achttägige Wanderung auf dem Jakobsweg, von Prüm aus, beginnt:
Heute, 7. Etappe: Von Prüm bis Schönecken, ca. 11 km. Jakobsweg Köln - Metz
Heute beginnt meine achttägige Wandertour von Prüm nach Trier. Als mein Wecker gegen 5 Uhr morgens klingelt, denke ich, "das kann jetzt wirklich nicht wahr sein", wälze mich in meinem Bett ein paar Male hin und her, frage mich, ob ich mir das jetzt wirklich antun soll. Ein geborener Frühaufsteher bin ich definitiv nicht, eher jemand, die den Tag langsam und meditativ beginnt...
Aber der Bus, der mich von Gerolstein nach Prüm bringen soll, wartet wahrscheinlich nicht auf mich. Er fährt um 9 Uhr 10 ab Gerolstein Bahnhof. Den will ich auf jeden Fall erwischen. Mein Auto gedenke ich, auf dem großen Parkplatz vor dem Bahnhof für ein paar Tage stehen zu lassen, preislich geht das und ist nicht allzu teuer. Warum ich das so plane? Weil Prüm ein sehr schlechtes öffentliches Verkehrssystem hat und keine Bahnhaltestelle. Man erinnere sich vielleicht an meine letzte regendurchtränkte Tour von Kronenburg nach Prüm. Wenn ich in Trier, wahrscheinlich ziemlich müde, ankomme, möchte ich gerne direkt mit dem Zug fahren, der dort hält, wo mein Auto steht.
Ich quäle mich aus meinem Bett, breche auch pünktlich auf. Wieder über die A1 und dann anschließend Landstraße Richtung Gerolstein. Kurz vor meinem Zielort macht mir eine Umleitung meine ganze Planung zunichte. Soviel zum Thema Planen. Nun weiß ich wieder, warum ich im allgemeinen eher für Spontanitäten zu haben bin.
In Gerolstein angekommen, bleibt mir nur noch das zweifelhafte Vergnügen, den Rücklichtern meines Busses hinterherzuschauen. Leise vor mich hin schimpfend, parke ich mein Auto, schnappe mir meinen Rucksack und stiefele hinüber zum Bahnhof. Der Himmel scheint sich für heute einen grauen Farbton ausgesucht zu haben und es regnet leise vor sich hin. Also alles in allem ein "gelungener" Start in den Tag.
Der nächste Bus fährt erst um 11 Uhr 07, lese ich, also kann ich mir noch zwei Stunden lang die Zeit tot schlagen.
Glücklicherweise ist der Bahnhof mit einem kleinen Café ausgestattet. "Gut", denke ich, "haue ich mir den Bauch voll mit Kakao und anderen leckeren Schweinereien". Mit Ausnahme meines obligaten Morgentees habe ich nämlich noch nichts zu Hause gefrühstückt. Gesagt, getan, kurze Zeit später sitze ich in dem kleinen Bahnhofscafé mitten in der Bahnhofshalle, vís-a-vís zu einer elektronischen Anzeigetafel, die mich für die kommenden Stunden immer wieder mit dem gleichen Werbefilm zu einem in dieser Region bekannten Getränk beglücken wird. Zum Schluss kann ich den Text mit herunterbeten...
Circa 30 oder noch mehr Werbefilmwiederholungen später habe ich es aber dann doch geschafft. Der Bus trifft pünktlich ein, leider dieses Mal ein ganz "normaler" Bus, ohne orientalische Musikuntermalung, und es geht los Richtung Prüm. Während der gesamten Fahrt, die fast eine Stunde dauert, "bevölkern" wir nur zu zwei Fahrgästen den Bus.
Einen kleinen Vorteil hat meine morgendliche Verspätung aber dann doch. Als ich in Prüm aussteige, hat sich der Himmel dazu entschlossen, aufzuklaren. Es scheint die Sonne. Glücklicherweise habe ich heute nicht zu viele Kilometer vor mir, denn mittlerweile ist es Mittag. Mein erster Weg führt erst noch einmal in die St. Salvator Basilika, die ich bei meinem letzten Besuch gar nicht richtig würdigen konnte. Praktisch fast gegenüber der Basilika steht das kleine Hotel, in dem ich bei meinem letzten Aufenthalt übernachtet habe (s. Foto links)
Der Platz, der sich zwischen Hotel und Basilika befindet, ist zur Zeit eine große Baustelle, da er umgestaltet werden soll. Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurde eine mittelalterliche Klosteranlage direkt vor der Basilika entdeckt. (s. Link)
Nachdem ich ein wenig mit den mittelalterlichen Mönchen (oder waren es Nonnen?) durch die Klostergärten spaziert bin (natürlich nur im Geiste), betrete ich die St. Salvator Basilika. Dieses Mal habe ich mehr Ruhe und Zeit, sie mir etwas genauer anzuschauen. Dieses Mal bin ich auch nicht der einzige Besucher der Kirche. Ein paar Details zu ihr habe ich ja schon bei der Beschreibung meiner letzten Etappe erzählt. Schließlich folge ich der Auskunft der Küsterin, und hole mir meinen Pilgerstempel in dem nebenstehenden Pfarrbüro ab. Das habe ich bei meiner letzten Tour nach Prüm nicht mehr geschafft.
Und dann geht es endlich weiter.
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich es endlich geschafft habe, mir vernünftige Wanderschuhe zuzulegen? Die laufen fast von selbst. Man hört bzw. liest wahrscheinlich sehr viel Hoffnung in diesem kleinen Satz.
Hinter der Basilika gehe ich ein Stück die Straße entlang, überquere auf einer Brücke den kleinen Fluss, die Prüm und halte dann Ausschau nach einer Abzweigung in den Wald hinein. Diese Abzweigung ist so gut getarnt und unauffällig, dass ich sie fast übersehen hätte, wenn ich nicht eben von der Pfarrsekretärin vorgewarnt worden wäre. Nun geht es auf einem kleinen Trampelpfad, der links von der Straße wegführt, ziemlich steil durch den Wald bergauf, denn Prüm liegt in einem Tal, und Täler sind bekannterweise immer unten...
Ich schaffe den Anstieg jedoch mit Bravour, gelange oben wieder an die Straße, und folge ihr noch ein ganzes Stück, bis ich merke, dass ich mich höchstwahrscheinlich auf dem sprichwörtlichen Holzweg befinde. Inzwischen hat sich der Himmel wieder für ein Uni-Grau entschieden, die Sonne ist komplett verschwunden. Glücklicherweise regnet es aber nicht. Noch nicht. Ich kehre wieder um und entdecke an der Stelle, an der mein Trampelpfad von eben auf die Straße mündet, eine fast vollkommen vom Gebüsch versteckte, weitere Abzweigung. Die Muschel auf dem mindestens ebenso geschickt versteckten Schild zeigt mir, dass ich diese Abzweigung nehmen muss. Wieder geht es durch den Wald, aber kaum noch bergauf. Der von mir befürchtete Regen scheint sich auch dazu entschlossen zu haben, oben in den Wolken zu bleiben.
Circa zehn Minuten später unterquere ich die B51, wandere durch Maisfelder hindurch, die schon ziemlich hoch stehen und gelange kurze Zeit später an eine Abzweigung, biege rechts ab in Richtung "Schönecker Schweiz". Der Himmel hat seine Wolkenvorhänge komplett zugezogen, aber es regnet nicht. Krähen fliegen knarrend und kreischend über die Wiesen. Obwohl erst Anfang August ist, fühle ich mich gerade ziemlich herbstlich. Zwei Rotmilane kreisen durch die Luft, eindeutig auf der Suche nach Nahrung. Eine kleine Bank mit Blick auf das kleine Dorf Rommersheim lädt mich zu einer kleinen Pause ein.
Dort verweile ich jedoch nicht sehr lange, da mir vom Himmel bedrohlich schwarze Wolken zuzuwinken scheinen. Ich schultere meinen Rucksack und wandere einen Feldweg hinab nach Rommersheim hinein. Natürlich mache ich auch hier einen kleinen Abstecher in die kleine Kirche St. Maximinin, die sich hinter ein paar Bäumen versteckt. Die kleine Kirche, die im spätgotischen Stil gebaut ist, zieht mich direkt in ihren Bann. Nähere Auskünfte zur Architektur findet man unter obigem Link.
Wie so oft, bin und bleibe ich auch hier die einzige Besucherin. Und ich bleibe ziemlich lange in der hübschen Kirche, überlebe dort wieder einmal, wie häufiger auf meinen Wanderetappen, eine mittlere seelische Krise. Aber die Krisen gehören dazu. Schließlich habe ich mich aus einer Art Lebenskrise heraus dazu entschlossen, den Jakobsweg zu wandern.
Als mich mein Weg aus Rommersheim herausführt, bleibe ich noch einmal kurz stehen, werfe einen Blick zurück auf die kleine Kirche, die über das kleine Dorf zu wachen scheint. Wie auf Bestellung guckt jetzt auch wieder die Sonne hinter den Wolken hervor. Ein malerisches Bild. Ich trenne mich nur schweren Herzens von dem schönen Anblick, folge meinem Weg weiter, der jetzt leicht bergauf geht, weiter an hochstehenden Maisfeldern vorbei.Schließlich erreiche ich ein Wäldchen und bald darauf auch die Schönecker Schweiz.
Die Schönecker Schweiz ist ein ca.865 ha großes Naturschutzgebiet im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Weiteres kann man nachlesen unter oben angegebenem Link.
Mein Weg führt mich nun erst einmal vorwiegend durch den Wald, nur manchmal unterbrochen durch kleine Wiesen, die mir einen Blick durch das Tal gönnen, durch das ich gerade wandere. Die ganze Zeit über weht ein ziemlich starker Wind, der sogar die Bäume zum Reden zu bringen scheint. Sie bewegen sich im Wind, scheinen zu tanzen, scheinen sich manchmal sogar zu umarmen, wenn sie mit ihren hohen Stämmen im Wind zusammenstoßen. Da mir auch gerade sehr nach einer Umarmung ist, umarme ich kurzerhand einen Baumstamm. In den folgenden Stunden, es sind ca. zwei, mit meinen Foto- und Rastpausen eingerechnet, begegnet mir kein Mensch. Ich genieße die Stille, die lediglich nur vom Rauschen des Windes und den Unterhaltungen der Bäume unterbrochen wird. Erst als ich das Tal fast ganz durchquert habe, begegnen mir ein paar einsame Jogger.
Während ich so vor mich hinstiefele, fällt mir plötzlich auf, dass sich mein alter Freund, der Zilpzalp, der mich im Mai und Juni immer begleitet hat, heute gar nicht bei mir gemeldet hat. Wahrscheinlich ist seine Sturm-und Drangzeit für dieses Jahr vorbei.
Mein Weg mündet aus dem schönen Waldauental auf einer Landstraße, die direkt nach Schönecken hinein führt. Hoch oben über dem Dorf thront eine alte Burgruine, die ich aber jetzt nicht mehr zu besteigen gedenke.
Nicht nur die Burg liegt hoch oben. Auch der größte Teil des Ortes befindet sich in der Hanglage, da das Tal hier relativ eng ist. An der Tankstelle im Ort frage ich schließlich nach, wie ich zu meiner Pension komme. Natürlich kommt es, wie es kommen muss. Um in meiner Pension übernachten zu können, muss ich den Hang fast ganz hinauf, denn es stellt sich heraus, dass sich mein Bett fast in der Höhe der Burgruine befindet. Wieder einmal leise vor mich hinschimpfend keuche ich den Berg hinauf.
Meine Zimmerwirtin ist sehr freundlich, mein Bett gemütlich, das entschädigt die zusätzliche Kletterei. Außerdem habe ich einen netten Zimmernachbarn, mit dem ich mir die Terrasse teile. Wir unterhalten uns noch eine ganze Zeit lang über Gott und die Welt. Irgendwann beschließe ich dann, mein Bett aufzusuchen. Ich gehe mit knurrendem Magen schlafen, da ich überhaupt keine Lust habe, dafür wieder den steilen Berg hinabzusteigen. Denn unten im Tal ist das Restaurant. Hier oben gibt es so etwas nicht.
Als ich den Tag Revue passieren lasse, fühle ich mich dankbar meinen Eltern gegenüber, die mir als Kind die Natur nahe gebracht haben, die oft mit uns Kindern wandern waren. Ohne dieses Rüstzeug, das sie mir auf diese Weise mitgegeben haben, würde mir sehr viel entgehen, und ich wüsste es noch nicht einmal. Danke!
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