7.8.2017. Die elfte Etappe von Mettendorf/Eifel nach Bollendorf (an der luxemburgischen Grenze), ca. 18 km
Jakobsweg, Köln - Metz
Am nächsten Morgen bin ich schon ziemlich zeitig wach. Mein heutiger Wegbegleiter will gegen 9.00 in Mettendorf ankommen.
Beim Frühstück liegt mir meine Gaswirtin in den Ohren, dass ich mir ein paar Brötchen als Wegzehrung einpacke, denn "unterwegs bekommt man bis Bollendorf nichts, denn da ist nichts..... bis auf ein paar Pflaumen von den Bäumen", so ihr Originalton. Und so ist es dann auch. Aber ich greife vor. Nach dem Frühstück stehe ich in freudiger Erwartung gestriegelt und gespornt an der Straße herum, bis meine Begleitung, Martin, dann endlich eintrifft. Ich habe ihn schon vorgewarnt, dass ich kein schneller Wanderer bin, sondern eher ein genießender, der auch gerne stehenbleibt, um zu fotografieren. Und es kommt noch ein zweites "Handicap", - das erst erwähnte ist ja eigentlich keines - hinzu, weil meine Fußballen sich zeitweise immer noch und immer wieder mal in rohe Fleischbällchen zu verwandeln scheinen. Dieses Thema verfolgt mich ja schon seit meiner ersten Etappe, zwar nicht ständig, aber immer wiederkehrend. Aber all das stört ihn nicht. Martin trifft mit etwas Verspätung ein, weil sein Auto wohl nicht so wollte wie er. Gegen 10.00 starten wir dann endlich - zu Fuß, versteht sich - , übrigens wieder einmal bei strahlendem Sonnenschein.
Unser erstes kleines Zwischenziel ist das kleine Dörfchen Nusbaum. Um dieses zu erreichen, geht es in der folgenden Stunde - wie sollte es auch anders sein - den Berg hinauf. Vor dieser Steigung wandern wir erst einmal an der Durchgangsstraße bis zum Ortsausgang einträchtig nebeneinander her. Dort führt uns der Weg rechts über eine Brücke, um dann aber kurz darauf wieder links in die Straße Richtung Nusbaum abzubiegen, bis wir ein Gehöft erreichen. Dort nehmen wir einen Feldweg, der wiederum links abbiegt und uns ca. einen Kilometer - wenn nicht sogar noch ein bisschen mehr - durch die noch taunassen Wiesen führt. Teilweise ist er als Weg gar nicht klar erkennbar. Ich genieße die noch frische Morgenluft, denn ich weiß, dass die Temperatur - für mich - nicht so angenehm bleiben wird.
Als wir den Wiesenweg schließlich hinter uns lassen, beginnt die eigentliche Steigung. Leise ächze und stöhne ich wieder einmal vor mich hin. Doch wer mich kennt, der weiß, dass das bei mir schon fast so eine Art Ritual ist. Ich glaube, ich brauche das einfach. Martin stört das sowieso nicht, im Gegenteil, er turnt meistens vor mir her den Berg hinauf, als wäre er erst gerade den Zwanzigern entsprungen, dabei ist er noch ein wenig älter als ich, während ich altersgemäß etwas langsamer, aber stetig vor mich hin trotte. Irgendwann erreichen wir dann das kleine Örtchen Nusbaum. Inzwischen hat die Sonne an Intensität deutlich zugenommen, so dass ich wieder mein unaussprechliches Hütchen aufsetze. Es ist noch nicht Mittag, und doch fühle ich mich jetzt schon wie ein gegrilltes Hühnchen. Gut durch!
Nusbaum wird laut meinem Wanderführer "Jakobswege. Wege der Jakobspilger im Rheinland", Band 2, S. 162, ... "1317 als 'Noszboum' erstmals urkundlich als Besitz des Klosters Echternach erwähnt... " ...und ..."weist bereits Siedlungsspuren aus der Steinzeit auf. Die katholische Pfarrkirche "... , die ich dieses Mal nicht aufgesucht habe, ... "wurde in einer langen Bauzeit von 1848-76 errichtet"...
Wir lassen Nusbaum, gerade in ein angeregtes Gespräch vertieft, von uns ziemlich unbehelligt hinter uns liegen. Jetzt geht es erst einmal nur flach bzw. bergab weiter, wir passieren dabei einige kleine Weiler, bis wir einige Zeit später Nusbaumerhöhe erreichen. Diesen Ort erwähne ich, weil wir dort ein kleines Schild an einem Haus finden, das uns darüber informiert, dass es von hier aus "nur" noch 2.400 Kilometer bis Santiago de Compostela zu laufen sind. Das ist ja fast nur ein "Katzensprung"... Eigentlich...
Nachdem wir noch einige Zeit bergab gegangen sind, überqueren wir einen kleinen Bach, um dann dort wieder einmal, wie das in der Eifel nun mal so üblich ist, eine weitere Steigung zu erklimmen. Gott sei Dank erreichen wir bald den Wanderparkplatz Klosterberg, wo wir uns erst einmal eine ausgiebige Rast gönnen... Nickerchen mit eingeschlossen.
Nach der Rast führt uns unser Weg wieder einmal für eine längere Zeit stetig bergauf zum sogenannten Ferschweiler Plateau. Laut meinem Wanderführer "Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland", Bd. 2, S. 162 - nähere Angaben auf meiner Profilseite - ist das Ferschweiler Plateau "eine der bemerkenswertesten Landschaften der Eifel." ... Hierbei handelt es sich um ein "Sandsteinplateau auf dem devonischen Grundgebirge. .... Das ca. 8 km lange und 4 km breite Plateau stellte bereits seit dem 2. oder 3. Jahrtausend v. Chr. eine natürliche Zufluchtsstätte für Menschen dar. Durch seine zahlreichen prähistorischen Monumente wie Menhire, Fliehburgen, Wälle und "Opfersteine" haftet der gering besiedelten Hochfläche bis heute etwas Mystisches an. Aber auch römische und mittelalterliche Funde belegen, dass diese bizarre Felslandschaft immer wieder die Menschen anzog.... "
Über dieses Plateau setzen wir nun unsere Wanderung fort. Der Weg führt uns durch einen riesigen Mischwald, was ich als sehr angenehm empfinde, denn bei der heutigen Hitze ist mir wirklich jeder Schatten willkommen. Meist eilt Martin ein paar Meter voraus und ich wandere gemäßigteren Schrittes hinter ihm her. Ab und zu bleibt er dann stehen, bis ich ihn wieder eingeholt habe. Ab und an gehen wir auch nebeneinander her und unterhalten uns ein bisschen. Nachdem wir eine ganze Weile schon diesen wunderbaren Wald durchschritten haben, erreichen wir die sogenannte Wikingerburg. Viel von ihr ist nicht mehr zu erkennen. Sie wurde wahrscheinlich in keltischer Zeit gebaut und hat eine ungefähre Länge von 100 m. Vielleicht auch noch etwas länger. Der Name hat übrigens nichts mit den Wikingern zu tun, sondern stammt laut Ingrid Retterath, "Jakobsweg Via Coloniensis von Köln nach Trier", S.183, - nähere Angaben s. meine Profilseite - , "aus einer Zeit, in der mit dem Begriff `Wikinger´ eine lange zurückliegende Zeit bezeichnet wurde."
Nachdem wir die Wikingerburg hinter uns gelassen haben, erreichen wir kurze Zeit später das sogenannte Fraubillenkreuz: "Das Fraubillenkreuz ist einer der wenigen noch in der Region existierenden Menhire (keltisch: langer Stein) und damit eines der ältesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung auf dem Ferschweiler Plateau. Wahrscheinlich schon im 2. oder 3. Jahrtausend v. Chr. errichtet, dienten sie der Götterverehrung und dem Totenkult. Der ca. 3,5 m hohe Stein wurde offensichtlich mit der Christianisierung der Region zu einem Kreuz umgestaltet ..... Der Stein wurde lange Zeit auch als Grenzstein genutzt... " (Aus: "Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland", Bd. 2, S. 164 - s. meine Profilseite).
An diesem Menhir verweilen wir einige Zeit lang. Wir scheinen auch die einzigen zu sein, die diesen Wald "bevölkern". Außer Frau Sybille vielleicht, die sich einer Sage nach in dem Stein verborgen hält und die nur nachts ihr Unwesen im Wald treibt. Sie soll Menschen, die sich nachts noch hier aufhalten, Unglück bringen. Dann kann uns ja nichts passieren. Nach unserer gemütlichen Pause an dem Menhir führt uns der Weg eigentlich nur noch bergab. Erst als Forstweg und später als schmaler Pfad zwischen den Sandsteinfelsen hindurch. Hier wird es dann auch richtig steil und irgendwo hier scheinen wir auch den falschen Weg eingeschlagen zu haben, der aber auch als Jakobsweg markiert ist.
Obwohl wir die ganze Zeit das Gefühl haben, dass wir den falschen Weg eingeschlagen haben, begegnet uns doch immer wieder das Schild mit der Jakobsmuschel. Vielleicht gibt es hier eine zweite Alternative, die aber nicht in meinen Büchern beschrieben wird. Im Prinzip ist es eigentlich egal, richtig oder falsch gibt es auf dem Jakobsweg nicht. Die Strecke zwischen den Sandsteinfelsen hindurch ist teilweise sehr steil und steinig, aber sehr abwechslungsreich und die Fels-Riesen, die mir in diesem Wald ständig begegnen, faszinieren mich. Irgendwann haben wir diesen Teil der Strecke auch bewältigt und stehen ziemlich unvermittelt vor einer Art Kneippbecken, mitten im Wald. Martin nutzt die Gelegenheit sofort und zieht in dem eiskalten Wasser seine Bahnen. Ich selber bin zu faul, mir meine Schuhe auszuziehen und schaue ihm bei seiner "Pediküre" lieber trockenen Fußes zu.
Nach dieser kleinen, aber sehr willkommenen Unterbrechung unserer Wanderung ziehen wir weiter talabwärts Richtung Bollendorf. Aus dem Waldweg wird ein Teerweg, der uns ziemlich steil nach unten in das Tal leitet. Trotz des vorgerückten Nachmittags brennt die Sonne immer noch erbarmungslos auf uns herab. Das ist auch unter anderem ein Grund dafür, warum keine weiteren Fotos von Bollendorf existieren. Mir ist einfach gerade viel zu heiß, um überhaupt etwas zu tun und so sind die letzten Meter hinunter ins Tal überhaupt kein Vergnügen für mich. Ich neige dazu, in schlechte Laune zu verfallen, wenn mir die Sonne allzu lange auf den "Pelz" brennt - auch mit Sonnenhut. Hinzu kommt, dass ich mir jetzt noch eine Unterkunft für die kommende Nacht suchen muss.
Glücklicherweise finde ich nach zwei bis drei Versuchen eine Unterkunft für die kommende Nacht. Sie befindet sich direkt unten an Bolldendorf´s Flüsschen, der Sauer. Die Sauer ist auch gleichzeitig der Grenzfluss zwischen Deutschland und Luxemburg. Als Martin und ich uns voneinander verabschieden, steht fest, dass das nicht die letzte Etappe war, die wir gemeinsam gewandert sind. Auch wenn er heute nach Hause fahren möchte.
Hungrig und müde quartiere ich mich in meiner Unterkunft ein. Nach einem herzhaften Abendessen falle ich in eine Art komatösen Tiefschlaf. Allerdings purzeln mir beim Einschlafen wie (fast) immer noch einige Gedanken in meinem Kopf herum:
- 1. Auch wenn ich gerne alleine wandere, ist es auch schön, ab und zu angenehme Gesellschaft beim Wandern zu haben.
- 2. Die Eifel ist ein wunderschönes Wandergebiet, ich finde sie schöner, als die Gegend, in der ich wohne, obwohl es dort auch schöne Wandermöglichkeiten gibt. Ein Grund mehr, der dafür spricht, den Jakobsweg auf alle Fälle in Deutschland zu gehen und nicht erst in Frankreich oder Spanien. Weit weg bedeutet nicht unbedingt, dass es dort schöner ist... Auf dieses "Trendpferd" möchte ich ungerne aufspringen... Ich bin sowieso überhaupt kein Freund von "Trends"...
Mit diesen Gedanken im Kopf schlafe ich ein. Morgen geht es weiter von Bollendorf über Echternach nach Minden. Gute Nacht.
Kommentar schreiben