Mittwoch, 23.5.2018. 2.Kapitel meiner Pilgerreise, 2. Etappe: Von Konz nach Mannebach, ca. 10 km, oder :
Alle Wege führen nach Mannebach
Karte, Jakobsweg Köln -Trier-Metz
Am nächsten Morgen wecken mich die prasselnden Regentropfen auf dem Dach meines Schlaffasses. Es hört sich sehr beruhigend und friedlich an. Das Gewitter hat glücklicherweise wieder das Weite gesucht. Bevor ich dasselbe mache, kuschle ich mich erst noch ein wenig in mein Bett, genieße es, hier im Trockenen zu sein - wie auf einer kleinen Mini-Insel - , wo doch unmittelbar über mir der Regen auf das Fass "einschlägt". Von meinem Bett aus habe ich heute morgen einen unverstellten Blick auf die Mosel und die Zugbrücke, die unweit von hier darüber führt. Ganz in der Nähe, vielleicht 500 Meter von hier, wenn überhaupt, mündet die Saar in die Mosel. Das Foto oberhalb dieses Textes zeigt übrigens die Saarmündung.
Da es vor sich hin nieselt und ich nicht vor halb 11 das Fass räumen muss, lasse ich mir heute morgen Zeit. Ich habe gestern auch gar nichts mehr über den Campingplatz und seine Bewohner erzählt. Dazu sollte ich kurz erwähnen, dass ich vorher noch nie auf einem Campingplatz übernachtet habe, mit Ausnahme einiger Campingplätze in Skandinavien, aber die sind meines Wissens mit deutschen Campingplätzen nicht zu vergleichen, dort ist alles noch viel weitläufiger und größer, oft mit kleinen Campinghütten versehen, die man für die Nacht anmieten kann. Dort hat man oft gar nicht das Gefühl, auf einem Campingplatz zu übernachten, sondern ziemlich einsam mitten im Wald oder an einem See.
Der deutsche Camper an sich scheint ein sehr kontaktfreudiger Mensch zu sein, denn ich war noch nicht in mein Fass eingezogen, als mich schon einige Leute dort ansprachen. Es kann natürlich auch sein, dass man einfach mal einen Blick in das Fass werfen wollte... Der nette Campingplatzinhaber war sehr hilfsbeeit und hat mir Nicht-Kaffeetrinker gestern Abend noch gezeigt, wie und wo ich mir heute morgen unentgeltlich einen Kaffee machen kann, denn die Im-Fass-Gäste bekommen auf diesem Platz ihren Kaffee gratis, den ich in Ermangelung eines guten Assam- oder Earl Grey-Tees dann auch trinke. Weitere Frühstückszutaten werde ich unterwegs erjagen müssen, denn die kleine Campinggaststätte hat noch nicht geöffnet. Aus dem Jagen wird aber leider vorerst einmal nichts.
Als ich aufbreche, hat der Regen aufgehört und es hat sogar den Anschein, als könnte sich die Sonne im Laufe des Tages ab und an einmal blicken lassen. "Gute Wanderbedingungen", denke ich und breche auf. Erst einmal Richtung Saarmündung und dann ein kleines Stück an der Saar entlang bis Konz. Hier gehe ich siegessicher weiter saaraufwärts, wundere mich über die Brücke, die nicht erscheint, nachdem ich die Brücke im Ort, die ich, das weiß ich circa eine halbe Stunde später dann auch, hätte nicht ignorieren dürfen, großzügig "beiseite geschoben" habe, zumindest in meinem - zu dieser Tageszeit anscheinend noch ziemlich hohlen Kopf. Frohen Mutes latsche ich also an der Saar weiter flussaufwärts, wundere mich nur ein klitzekleines Bisschen, dass der im Wanderführer beschriebene Baumarkt, an dem ich doch vorbeikommen soll, ebenfalls einfach nicht auftaucht. "Nicht so ungeduldig sein", ermahne ich mich, "das dauert halt ein
bisschen" , latsche weiter und bemerke jetzt schon das altbekannte Fleischbällchengefühl in meinen Füßen, das mich auf anderen Etappen dieser Pilgerreise ja auch schon öfter heimgesucht hat. "Bitte nicht schon wieder", stöhne ich innerlich, stapfe tapfer weiter. Als nach einer halben Stunde immer noch kein Baumarkt aufgetaucht ist, werde ich doch langsam stutzig. "Und eigentlich müsste auch zuerst die Brücke und dann der Baumarkt auftauchen", überlege ich, innerlich fluchend. Irgendetwas stimmt nicht. Momentan auch niemand in Sicht, den ich fragen könnte. Also die Wanderkarten zur Hilfe genommen - hätte ich die mal früher zu Rate gezogen, als siegessicher hirn- und sichtbenebelt durch die Landschaft zu tapern. Denn die Erkenntnis, dass die Brücke, die ich im Ort so selbstbewusst ignoriert hatte, diejenige war, die ich hätte überqueren müssen, trifft mich hart. Ich kann mich über kaum etwas mehr ärgern, als über mich selbst, über meine Ignoranz, die ich manchmal an den Tag lege. Denn es ist ein großer Unterschied zwischen dem, wenn man etwas einfach nicht weiß, und dem, wenn man etwas glaubt, zu wissen, sich jedoch nicht ganz sicher ist, aber diese Unsicherheit dann einfach ignoriert, anstatt einfach noch einmal nachzuschlagen oder nachzufragen... Nun ist dieser Umweg an sich kein Drama, aber die Tatsache, dass ich den richtigen Weg nicht erkannt habe, obwohl ich ihn ja gesehen habe, das ärgert mich. Eigene Dämlichkeit..... Wie im richtigen Leben, was für eine boshafte Allegorie... trifft richtig gut... Wenn man sehenden Auges in sein Unglück hineinrennt, und das nicht nur einmal, das kann ich sehr gut, und das auch nicht nur einmal. Wutschnaubend trete ich den Rückweg an. Meine Füße danken es mir auch nicht...
Und der Gedanke, dass es beim Pilgern keine verplemperte Zeit gibt, der regt mich gerade nur noch mehr auf. Pseudokluge Sprüche kann ich gerade gar nicht... Spätestens hier merkt der geneigte Leser, dass ich alles andere als eine fromme Pilgerin bin. Ich bin ein ungeduldiger Mensch, allem voran, wenn es um mich selbst geht.
Als ich einige Zeit später dann die verflixte Brücke in Konz wieder erreiche, hat sich mein Ärger gelegt, nur meine Füße rebellieren immer stärker. Nach der erfolgreichen Überquerung der Saar - in etwa vergleichbar mit Hannibals Überquerung der Alpen im Jahre 218 v. Chr. - es fehlen "nur" die Alpen und die Elefanten... - (letztere hätte ich jetzt gerne, dann könnte ich mich tragen lassen...), biege ich an einer stark befahrenen Straße halb links ins Gewerbegebiet ab. Den vielzitierten Baumarkt kann ich endlich sehen. Und er beherbergt sogar ein kleines Café, in das ich dankbar hineinhumple. Dort mache ich es mir erst einmal gemütlich, nehme ein verspätetes Frühstück ein, - langsam habe ich Hunger, denn ich habe ja heute noch nichts gegessen, und versuche, meine Füße zu entspannen. Da ich keinerlei Lust verspüre, direkt nach dem "Frühstück" weiter zu "preschen", genehmige ich mir noch ein kaltes Getränk und inspiziere intensiv meinen Wanderführer inklusive Karte, denn ich möchte mich heute eigentlich nicht mehr verlaufen. Draußen rückt indes immer stärker die Sonne zum Vorschein, nachdem dieser Tag eigentlich suppenküchendunstähnlich begonnen hat. Kein Wunder bei dem Gewitter von gestern und dem Regen von dieser Nacht. Ich befürchte allerdings, mit dieser Wettermischung wird´s heute ziemlich schwül.
Mitten in meiner Karteninspektion werde ich plötzlich von einer Männerstimme unterbrochen: "Wohin soll es denn heute noch gehen?" Ich blicke auf in ein freundlich aussehendes Gesicht am Nebentisch und antworte: "Nach Mannebach", als ob dieser Ort der Dreh-und Angelpunkt der Welt wäre. Aber er kennt es, obwohl er, wie er dann später erzählt, einige Jahre in Kanada in Sachen Wald unterwegs war und auch dort gelebt hat. Nein, ich denke, er hat nicht im Wald gelebt, aber sein Beruf hatte damit zu tun. Ich habe nur leider die genaue Bezeichnung vergessen. Ich glaube, Forstingenieur ist er. Falls das nicht die korrekte Berufsbezeichnung ist, möge er es mir bitte nachsehen. Bedauerlich, dass ich es nicht mehr genauer weiß, denn wir führen eine sehr nette Unterhaltung. Er fragt mich nach dem Wohin, Mit Wem, Wie und Warum meiner Pilgerei, ist recht neugierig. Aber das finde ich sehr sympathisch. Lange her, seitdem sich jemand für meine Belange so sehr interessiert hat, zu lange, darum genieße ich sein Interesse ...
Als er mir vorschlägt, ich könne ja auch im Wald übernachten, das sei dann noch pilgermäßiger, lehne ich dankend ab, denn mich mutterseelenallein nachts ins Gestrüpp zu legen, dazu fehlt mir dann doch der Mut. "Wieso", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen, "was glauben Sie, wer Ihnen da nachts im Forst begegnet...?, ... höchstens ein paar Wildschweine".... und grinst von einem Ohr bis zum anderen und guckt mich abwartend an. Trotz dieses Ermutigungsversuchs lasse ich mich nicht erweichen, denn ich fände es nicht so besonders lustig, nächtens Wildschweinen oder ähnlichem Getier ins Auge zu blicken ..... Auf meine Antwort grinst er noch breiter, meint dann irgendwann plötzlich, dass er das toll findet, was ich da mache, dass ich das alleine mache, seine Hochachtung ...
Seine Komplimente freuen mich. "Es ist mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben", ... fügt er nach einer kleinen Pause unvermittelt hinzu, beobachtet mich lächelnd, worauf mir ein wenig verlegen zu Mute wird. Ich bin kaum mehr ehrliche Komplimente gewohnt. Meiner traurigen Erfahrung nach, gerade in den letzten Jahren, dienen sie hauptsächlich als Mittel zum Zweck. Und nein, das ist keine Pauschalisierung.
Und das ist auch der, ich gebe es zu, ziemlich unlogische Grund, warum ich mich dann ziemlich schnell verabschiede. Wenigstens bin ich noch so helle, ihm sein Kompliment auch zurückzugeben, denn ich habe mich ebenfalls gefreut, seine Bekanntschaft gemacht zu haben. Und im nachhinein tut es mir leid, dass ich mich so abrupt verabschiedet habe. Wahrscheinlich hat das nicht gerade nach Freude gewirkt, sondern eher wie die Flucht nach vorne. So ist das manchmal. Wenn man verlegen ist. Bei mir zumindest. Leider. Ich wünschte, ich hätte mich anders verhalten. Diese sympathische Begegnung holt mich auf meiner Wanderung immer wieder ein. Im positiven Sinne, in das sich leises Bedauern mischt. Denn diese Begegnung, dieses Interesse an mir hat in mir eine richtige Glücksgefühlwelle ausgelöst.
Manchmal scheinen es die Umwege zu sein, die, seien sie auch noch so klein, groß oder nervenaufreibend, einem besondere Glücksmomente bescheren können. Und das war so einer! Wahrscheinlich sind Umwege auch deshalb selten überflüssig. Denn wenn ich mich nicht verlaufen hätte, wäre ich deutlich früher in dem Café gewesen und wir wären uns wahrscheinlich nicht begegnet. Ich sollte mich also wirklich weniger über mich aufregen, wenn ich mich verlaufe... Sowohl ... als auch...
Schade, dass man solchen Menschen, die einem gut tun, wahrscheinlich nie mehr begegnen wird. Schade... Manchmal könnte ich mich wirklich in meine vier Buchstaben beißen...
Schnell hat sich, als ich das Café verlasse, in meine anfangs deutlich gehobenere Stimmung auch ein Hauch von Wehmut eingeschlichen. Nach einem Moment des Zögerns drehe ich mich noch einmal um und gucke zurück. Ich zögere, aber nein, zurückgehen kann ich nicht. Ich will mich nicht zum Affen machen. Manchmal bildet man sich Sachen auch nur ein. Oder nicht, oder wohl oder doch...??? Ich weiß es nicht. Manchmal könnte ich....
In dieser Stimmung gehe ich schließlich weiter, die Sonne knallt mittlerweile unbarmherzig auf mich herab, ist das eine normale Temperatur für den Mai? Außerdem wird es mit jedem Schritt schwüler. Leider bleibt der Weg auch weiterhin die ganze Zeit geteert. Also für mich keine tollen Voraussetzungen für die weitere Tour. Aber ich trotze natürlich jedem Wetter und jeder Wegbeschaffenheit.
Mein Weg führt mich vorbei an einer Hundesportanlage und ein wenig später an ein paar Fischteichen entlang.
Am Wegesrand grüßen hier und da ein paar Kirschen, die mich aus den Bäumen rot anblitzen. Und sie schmecken sogar schon saftig süß. Es ist einsam hier. Außer den Hunden, Fischen und Kirschen begegne ich niemandem.
Kurze Zeit später erreiche ich das kleine Dorf Tawern, an dessen Ortseingang mich die hübsche Kapelle St. Margarethen begrüßt. In dem Ortsnamen Tawern versteckt sich das Wort "Taverne". Tawern wurde schon von den Römern "an einer wichtigen Handelsstraße nach Metz als Raststätte und Umspannstation für Zugtiere gegründet..."
( Aus: Retterath, Jakobsweg Trier - Le Puy, S. 70)
Bemerkenswert an der Kapelle ist die außen angebrachte Kanzel aus Sandstein.
Nach einer kleinen Pause, die ich dazu nutze, mir die Kapelle anzusehen und mich anschließend unter ein paar schattenspendenden Bäumen auszuruhen, folge ich schließlich der Straße, die erst einmal bergab durch den Ort führt. Danach geht es ziemlich steil bergauf auf den Metzenberg.
Auf diesem Berg befindet sich die römische Tempelanlage Tawern, eine Rekonstruktion eines römischen Tempelbezirks für die römischen Reisenden, die von Metz nach Trier unterwegs waren. Der erste Punkt, von dem aus sie ihr Reiseziel erblicken konnten.
"Der ca. 48 x 38 m große, von Mauern umgrenzte heilige Bezirk diente der Verehrung der Götter, unter ihnen Merkur, der Schutzgott des Handels und Epona, die keltische Göttin der Fuhrleute und Pferde. ..."( Aus: Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland, Band 2, S. 214)
Der Weg zur Tempelanlage führt durch den Wald steil bergauf. Gott sei Dank hat hier das Teertreten erst einmal ein Ende, aber als ich oben mein Ziel erreiche, fordert die schwül-heiße Witterung kombiniert mit der körperlichen Anstrengung ihren Tribut. Mein Kreislauf kippt ins Nirwana. Ich schaffe es gerade noch bis zur nächsten Bank. Und auf die lege ich mich erst einmal, bis sich die Sterne und das Schwirren vor meinen Augen wieder beruhigt haben. Hitze ist wirklich nichts für mich.
Als nach einem halben Liter Wasser meine Konstitution beginnt, sich wieder zu stabilisieren, nehme ich mir noch etwas Zeit, um die Tempelanlage in näheren Augenschein zu nehmen. Während meines gesamten Aufenthaltes hier oben ist außer mir keine Menschenseele zu sehen. Die Einsamkeit und das Fortschreiten des Nachmittags vermitteln dieser Situation eine melancholische Atmosphäre. Als aber dann ungefähr eine halbe Stunde später eine lautstarke Jugendgruppe -anscheinend aus dem benachbarten Luxemburg -, die man lange hören kann, bevor man sie überhaupt sieht, den Berg erstürmt, stürme ich auch - ziemlich fluchtartig - davon, weiter durch den Wald Richtung Mannebach, denn nach Lärm und Menschenaufläufen ist mir nicht zu Mute.
Der Weg geht jetzt nur noch leicht bergauf und biegt nach einiger Zeit links am Waldrand ab. Ich folge ihm. Kurze Zeit später taucht ein Schild auf, demzufolge ich nach Mannebach wieder links abbiegen soll. Ich wundere mich ein wenig, dass diese Abzweigung so schnell erfolgt, folge ihr aber brav. Meine Karte konsultiere ich auch dieses Mal nicht, obwohl ich es ja jetzt besser wissen müsste... Dieser Entscheidung verdanke ich den zweiten Umweg dieses Tages.
Der Weg führt stark bergab und ein wenig später befinde ich mich mitten im Wald an einer Weggabelung, an der sich mehrere Wege kreuzen. Natürlich ohne Beschilderung. In meinem Wanderführer, den ich jetzt zu Rate ziehe, ist auch nicht jeder Weg eingezeichnet. Die nächste Anschaffung, die ich mir zulegen werde, wird ein GPS-Gerät sein, auf das ich mir die Wanderkarten laden kann, die ich jeweils brauche. Das wird auf jeden Fall sehr sinnvoll sein, wenn ich im Ausland wandere. Denn GPS auf dem Handy zieht sehr viel Akku. Aber das steht jetzt gar nicht zur Debatte, denn ich habe mir nach wie vor keine Karten aufs Handy geladen, sondern wandere nach meinem Wanderführer. Und - Bevor ich im Ausland wandere, muss ich erst einmal aus diesem Wald hinaus.
Als ich abends mit Hilfe meines Wanderführers die Strecke noch einmal Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass ich einfach einen Weg zu früh links abgebogen bin. Einige Zeit später hätte ich eine Straße erreicht, der ich links hinunter direkt nach Mannebach hätte folgen können. Aber das wäre selbstverständlich viel zu unkompliziert für mich gewesen. Soviel dazu.
Wie ich oben bereits sagte, jetzt muss ich erst einmal aus dem Wald hinaus.
Ich folge meinem Instinkt und wähle den Weg, der mich hinunter ins Tal führt, denn ich weiß ja immerhin, dass Mannebach im Tal liegt. Unten angekommen ist ebenfalls weit und breit kein Schild zu sehen und wieder stehen verschiedene Richtungen zur Auswahl. Dieses Mal folge ich dem Stand der Sonne, da ich weiß, dass ich Richtung Südwesten gehen muss. Meine Überlegung erweist sich als richtig. Mein Umweg führt mich jetzt ein längeres Stück durch das hübsche Mannebachtal, was ich sicherlich genießen würde, befänden sich nicht am unteren Ende meiner Beine wieder meine Fleischbällchen, die sich mittlerweile verdammt roh anfühlen. So kommt es, dass ich durch dieses schöne Tal mehr oder weniger humple und jede Bank nutze, die mir begegnet, um meine Fußsohlen zu entlasten. Nach den kleinen Pausen geht es dann wieder für eine Weile - bis zur nächsten Bank. Irgendwann "laufe" ich aber schließlich doch in Mannebach ein. Es wird auch langsam höchste Zeit, denn ähnlich wie gestern am frühen Abend höre ich auch jetzt ein entferntes Donnergrollen. Ein Gewitter braut sich zusammen.
Meine heutige Unterkunft ist ein kleines Brauhaus, das auch Gästezimmer anbietet. Mein Zimmer entpuppt sich als kleiner Saal, von vorne bis hinten bestückt mit alten Möbeln, die einem alten Herrenhaus entsprungen sein könnten. Im Eingangsbereich empfängt mich ein Gegenstand, der vielleicht irgendwann einmal ein Wandaltar in einer Kirche gewesen sein könnte. Alles sehr skurril, aber sehr sauber. Und was heißt, aber? Ich mag Skurrilitäten.
Circa 20 Minuten nach meiner Ankunft in dem kleinen Gasthof entlädt sich sehr heftig und lautstark ein Gewitter. Es herrscht für einige Zeit Weltuntergangsstimmung - so dunkel wird es, Blitz und Donner scheinen einander die Hand zu geben. Ich bin froh, noch rechtzeitig meinen Unterschlupf gefunden zu haben. So wie gestern.
Nach einer ausgiebigen Dusche, einer sehr langen Ruhephase in meinem Bett, aus dem ich am liebsten gar nicht mehr aufgestanden wäre, spaziere ich eine ganze Weile später hinüber zur Brauerei, um dort noch etwas zu essen, denn es plagt mich ein gewaltiger Hunger.
Als ich danach endlich wieder in meinem Bett liege, kann ich dann doch nicht sofort einschlafen, denn es beschäftigen mich zwei Themen:
1.Hoffentlich habe ich morgen nicht wieder ein solches Affentheater mit meinen Füßen.
2.Rückblickend auf die sympathische Begegnung in dem Café: Was ist Glück?
Für mich keine einfache Frage. Mir fällt das Gedicht von P. Härtling wieder ein, das ich im Klosterladen von St. Matthias gefunden habe...
An dem Härtling-Gedicht gefällt mir sehr, dass er sich nicht festlegt, was Glück zu sein hat, und trotzdem versteht man genau, wie er es meint.
Denn man kann Glück nicht an bestimmten Dingen oder Ereignissen festmachen. Man kann es nicht verallgemeinern. Für jeden bedeutet es etwas anderes. Es kann so unterschiedlich sein. Dasselbe, das für den einen Glück bedeutet, bedeutet vielleicht für einen anderen puren Schmerz und Traurigkeit...
Ich mag einfach keine Plattitüden oder Verallgemeinerungen. Gute Nacht.
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